TURLEY (Vater und Sohn)


JOHANN TOBIAS (Vater): *04.08.1772 in Treuenbrietzen, †09.04.1829 in Treuenbrietzen

 

JOHANN FRIEDRICH (Sohn): *23.06.1804 in Treuenbrietzen, †1855 „unweit Cöthen“

 

Johann Friedrich Turley
Johann Friedrich Turley

Der Bäckermeiser Johann Tobias Turley erschloss sich die Orgelbaukunst im Selbststudium. In Treuenbrietzen hatte er Zeit, Anschauungsunterricht an zwei Instrumenten Joachim Wagners zu nehmen und so stand seine erste Orgel (mit der er 1796 im nahegelegenen Brachwitz an die Öffentlichkeit trat) auf einem Niveau, welches einem Autodidakten alle Ehre machte. Sich seines Anfängertums bewusst, hatte er sie für ganze 100 Taler erbaut. 1806 musste er hinnehmen, dass nach der Niederlage Preußens gegen Napoléon I. „herumziehende französische Marandeurs ihren Vandalismus an derselben auf roheste Weise“ ausübten und das geliebte Werk wieder zunichte machten. Neben den Vorbildern der Wagner-Schule muss Tobias Turley auch die Orgeln der Sonnewalder Meister Claunigk und Schröther gekannt haben und von diesen nachhaltig beeindruckt gewesen sein. Muten doch die meisten seiner Werke wie eine ausgewogene Synthese aus deren Bauweise und der Wagners an, so dass wir Tobias Turley und seinen Sohn Friedrich heute als besondere Bindeglieder zwischen dem damaligen Orgelbau der Niederlausitz und Brandenburgs ansehen können. Beide Künstler hielten bis zuletzt an einem Dispositionskonzept fest, das sich an den vorgefundenen Meisterwerken der Vergangenheit orientierte. Andererseits waren sie auf produktionstechnischem Gebiet mit einer Unbefangenheit um innovative Neuerungen bemüht, die professionell ausgebildeten Orgelbauern möglicherweise schwergefallen wäre. So gelang es Turley sen. in den letzten Lebensjahren, eine Plattenwalzmaschine zu entwickeln, die nach seinen eigenen Worten die Platten so egal streckte, „als es durch keines Menschen Hand gehobelt werden kann”. Ihr Arbeitsprinzip beruhte auf zwei gegeneinanderlaufenden Walzen, jede 5 Zoll im Durchmesser und 18 Zoll lang, die von 2 Tagelöhnern gedreht wurden. Unter den Erfindungen des Sohnes - der sich als „IIter Regierungs Orgelbauer“ etablierte und um 1845 mit seinem Halbbruder ALBERT TURLEY in Brandenburg an der Havel niederließ - muss die „kernloser Labialpfeifen” hervorgehoben werden, welche nach seinem Zeitgenossen und wohlwollenden Förderer Musikdirektor Friedrich Wilke (Neuruppin) „eine überraschend schöne, sanfte und ätherische Orgelstimme geben.“ Turley jun. setzte sie mit Sicherheit in Perleberg und Salzwedel (1831 und 1838) ein. Sein Ansehen bei der Regierung schwand zunehmend wegen „Unzuverlässigkeit“, so dass er nur noch wenige bedeutungslose Aufträge bekam. Nach einer Bleistiftnotiz in der Orgel zu Päwesin (bei Brandenburg) ist er 1855 „unweit Cöthen“ gestorben.


Labium-Archiv Berlin / Bergelt, Wolf: Die Mark Brandenburg - eine wiederentdeckte Orgellandschaft, Berlin 1989 / Bergelt, Wolf: Orgelreisen durch die Mark Brandenburg, Berlin, 2016 (3. Auflage)