Bunte Vielfalt und starke Einflüsse


Im Jahrhundert der Reformation verbinden sich die Orgelbauten bereits mehrfach mit den Namen ihrer Schöpfer, die schon lange nicht mehr als Ordensbrüder, sondern als freie Handwerker auftraten, deren Metier mancherorts zu den freien mechanischen Künsten gezählt wurde. Neben ausländischen lassen sich einheimische, deutsch- und slawischstämmige Künstler ausmachen, deren Chance allerdings noch sehr gering war, sobald es sich um repräsentative Neubauten handelte. Zu den Bevorzugten gehörten beispielsweise Jacob Scherer, dessen Sohn Hans Scherer d. Ä. (beide Hamburg), der Antwerpener Meister Antonius Mors, der erst von Stralsund und später von Kopenhagen aus wirkende Nicolaus Maass sowie Fabian Peterszoon (Rostock), deren Tätigkeit sich jeweils nördlich von Berlin nachweisen lässt. Der namhafteste ansässige Meister zu Beginn des Jahrhunderts dürfte Blasius Lehmann, Organist und Hoforgelbauer des brandenburgischen Kurfürsten, gewesen sein. Ihm wurde u. a. der Bau einer Orgel in der Berliner Nikolaikirche übertragen. Nach ihm ließen sich zwei Männer namens Egidius und Valentin Uckerow in Berlin nieder. In die Dienste des Kurfürsten trat auch Leonhardt Franck, der wie Blasius Lehmann nicht nur Orgelbauer, sondern zugleich Organist war und seinen Professionen von Berlin und Frankfurt an der Oder aus nachging. In der Niederlausitz lässt sich für die zweite Jahrhunderthälfte fast in jeder Stadt eine Orgel nachweisen. Leider ist weder da noch in der Mark Klangsubstanz aus dieser Zeit erhalten.

 

Soweit Einzelheiten über deren Gestalt überliefert sind, fällt auf, dass sie ganz dem sogenannten Werkprinzip entsprachen, also - wenn nicht einmanualig - aus mehreren klanglich kontrastierenden Werken zusammen gesetzt waren und bis zu 3 Manualklaviaturen und ein Pedal haben konnten, wobei auf klare, ungebrochene Farbgebung und Unterscheidung der einzelnen Register (den sogenannten Spaltklang) geachtet wurde. Diese Instrumente waren großenteils von ihren geistigen Vätern in Südholland geprägt, so dass noch nicht von einem typisch märkischen Orgelbau gesprochen werden kann.

 

Ein starker und nachhaltiger Orgelbauimpuls dürfte von Kurfürst Joachim II. ausgegangen sein, unter dessen Regie sich 1539/40 die Reformation in der Mark Brandenburg vollzog, welche seine Position erheblich stärkte, weil er von nun an auch das Amt des obersten Kirchenherrn ausübte und das in seinem Herrschaftsbereich liegende Eigentum der römisch-katholischen Kirche in den Besitz der Krone bringen sowie die Bistümer Brandenburg, Havelberg und Lebus samt ihrem umfangreichen Grundbesitz auflösen konnte. In der darauf folgenden Generalkirchenvisitation hat dann die Hebung der kirchenmusikalischen Zustände und in diesem Zusammenhang auch der Orgelbau besondere Beachtung gefunden.

 

Abbildung: Bernau bei Berlin, Hans Scherer d. Ä., 1572/73, erhaltene Reste.